Seit 01.08.2019 gelten zwei Gesetze zur Lichtverschmutzung in Bayern. Diese sollen dazu beitragen, die Lichtverschmutzung in Bayern zu reduzieren. Beide kamen infolge des Volksbegehren Artenschutz („Rettet die Bienen“) im Juli 2019 zustande, um auch die stark bedrohte Insektenfauna vor Lichtverschmutzung zu schützen sowie ganz allgemein den Artenschutz in Bayern zu stärken. Die Bayerische Staatsregierung hat diese Vorschriften im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gegeben.
Wir von paten-der-nacht.de wollen Ihnen diese beiden Lichtverschmutzungs-Gesetze für Bayern vorstellen, vielmehr jedoch darüber informieren, was diese jeweils genau bedeuten und welche Konsequenzen sie für wen in Bayern haben. Denn wie immer steckt auch hier der Teufel im Detail. Um Genaueres über die beiden Gesetze zu erfahren, fragten wir direkt beim Bayerischen Umweltministerium nach, um ein bisschen Licht ins Dunkel zu bekommen.
Den gesamten Original-Gesetzes-Text (von uns zusammengefasst) erhalten Sie ► HIER
1. Lichtverschmutzung im Bayerischen Immissionsschutz-Gesetz
A) „Vermeidbare Lichtemissionen“
Mit Gültigkeit zum 1. August 2019 wurde in das Bayerische Immissionsschutzgesetzes (BayImSchG) der Artikel „Vermeidbare Lichtemissionen“ eingefügt. In der seit 1. Januar 2020 gültigen Fassung des BayImSchG beschreibt nun Artikel 9 die „Vermeidbaren Lichtemissionen“.
Dieser Artikel 9 besagt (original Wortlaut):
- Nach 23 Uhr und bis zur Morgendämmerung ist es verboten, die Fassaden baulicher Anlagen der öffentlichen Hand zu beleuchten, soweit das nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich oder durch oder auf Grund Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist.
- 1 Im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuchs sind beleuchtete oder lichtemittierende Werbeanlagen verboten.
2 Die Gemeinde kann bis längstens 23 Uhr Ausnahmen von Satz 1 zulassen für (1.) Gaststätten und (2.) zulässigerweise errichtete Gewerbebetriebe an der Stätte der Leistung, soweit dafür in Abwägung mit dem Gebot der Emissionsvermeidung ein erhebliches Bedürfnis besteht.
Hier ist der gesamte Gesetzestext nachzulesen: ►BayImSchG
B) Erklärung und Interpretation
Zu Satz 1: Was genau sind „bauliche Anlagen der öffentlichen Hand“?
Das Bayerische Umweltministerium teilte uns auf diese Frage mit: „… alle öffentlichen Gebäude wie Schlösser, Rathäuser, Kirchen, Ämter, Schulen, touristischen Anlagen, etc.“
Explizit zur Beleuchtung von Kirchen teilte uns das Bayerische Umweltministerium auf Anfrage mit: „Das StMUV legt Art. 9 Abs. 1 BayImSchG dahin aus, dass das darin verankerte Verbot der Fassadenbeleuchtung für alle baulichen Anlagen gilt, die sich im Eigentum des Staates oder anderer öffentlich-rechtlich verfasster Institutionen befinden. Dementsprechend richtet sich der Normbefehl auch an die öffentlich-rechtlich verfassten Religionsgemeinschaften. Wir dürfen Sie hierzu auf unsere Internetseite verweisen, auf welcher Ihre Fragestellung auch nochmals aufgegriffen wird (siehe HIER).“
Zu Satz 2: Was ist mit „Außenbereich“ genau gemeint?
Entscheidend ist, dass mit Außenbereich nicht „im Freien“ oder „draußen“ gemeint ist, sondern explizit und ausschließlich der baurechtliche Außenbereich nach ► §35 des Baugesetzbuches.
Interner Hinweis von uns: Als „Außenbereich“ werden Flächen und Grundstücke bezeichnet, die außerhalb eines Bebauungsplangebietes liegen und außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (durchgehende, geschlossene Bebauung). Grundsätzlich darf, bis auf einige wenige Ausnahmen, im Außenbereich nicht gebaut werden. Der Außenbereich beginnt nach dem letzten Gebäude des Innenbereichs.
Zu Satz 2: Was ist ein „erhebliches Bedürfnis“?
Das entscheidet (wohl) letztlich die Gemeinde und diese hat hier einen durchaus großen Spielraum für Auslegungen. Damit ist Satz 2 dieses Gesetzes ziemlich aufgeweicht und stets eine Einzelfallentscheidung.
Zu Satz 2: Wer beantragt Ausnahmegenehmigungen?
Diese wird in der Regel vom betroffenen Gaststättenbetreiber oder Gewerbetreibenden bei der zuständigen Gemeinde/Stadt gestellt, so das Bayerische Umweltministerium.
Zu Satz 2: Gibt es einen Bestandsschutz?
Hier erklärte uns das Bayerische Umweltministerium, dass der Artikel 9 Absatz 2 grundsätzlich auch für bestehende Anlagen gilt. Allerdings können sich dann eine andere Beurteilung ergeben, wenn die Lichtwerbeanlage eine selbständige Anlage darstellt (beispielsweise eine digitale Werbetafel) und ein Verbot der Beleuchtung diese Anlage dann nutzlos werden ließe. In diesem Fall seien dann Aspekte des Vertrauensschutzes des Betreibers entsprechend zu würdigen. Diese Entscheidung trifft die örtlich zuständige Kreisverwaltungsbehörde bzw. das Landratsamt.
C) Überwachung und Regelung bei Verstößen dagegen
Die Überwachung der Einhaltung des Verbots (inkl. ggf. erforderlicher Einleitung von Bußgeldverfahren nach Art. 11 des BayImSchG) obliegt nach Auskunft des Bayerischen Umweltministeriums bei den Landratsämtern bzw. bei kreisfreien Städten bei der jeweils örtlich zuständigen Kreisverwaltungsbehörde als Immissionsschutzbehörde. Alternativ kann die Mitteilung eines begründeten Hinweises auf einen Verstoß aber auch an die Polizei bzw. die örtlich zuständige Polizeidienststelle erfolgen.
Verstöße gegen Artikel 9 regelt der Art. 11 (Ordnungswidrigkeiten). Dieser besagt (original Wortlaut): „Mit Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Verboten nach Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 zuwiderhandelt.“
2. Lichtverschmutzung im Bayerischen Naturschutz-Gesetz
A) BayNatSchG: „Himmelsstrahler und Beleuchtungsanlagen“
Mit Gültigkeit zum 1. August 2019 wurde in den § 1 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) der Artikel 11a mit dem Titel „Himmelsstrahler und Beleuchtungsanlagen“ eingefügt.
Dieser Artikel 11a besagt (original Wortlaut):
1 Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich sind zu vermeiden.
2 Himmelstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung sind unzulässig.
3 Beim Aufstellen von Beleuchtungsanlagen im Außenbereich müssen die Auswirkungen auf die Insektenfauna, insbesondere deren Beeinträchtigung und Schädigung, überprüft und die Ziele des Artenschutzes berücksichtigt werden.
4 Beleuchtungen in unmittelbarer Nähe von geschützten Landschaftsbestandteilen und Biotopen sind nur in Ausnahmefällen von der zuständigen Behörde oder mit deren Einvernehmen zu genehmigen.
Hier ist der gesamte Gesetzestext nachzulesen: ►BayNatSchG
B) Erklärung und Interpretation
Was ist mit Außenbereich gemeint?
Der hier genannte Außenbereich ist ebenso der baurechtliche Außenbereich (also nach §35 des Baugesetzbuches) und nicht das, was man im Allgemeinen unter „im Freien“ oder „draußen“ versteht. Dies bestätigte uns auf Nachfrage das Bayerische Umweltministerium. Warum hier nicht explizit darauf hingewiesen wird, dass es sich ausdrücklich um den baurechtlichen Außenbereich handelt, ist (uns) nicht bekannt.
Verbote oder doch nur Gebote?
Satz 2 (also die „Himmelstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung“) stellt ein klares Verbot dar. Alle anderen Sätze (1, 3 und 4) sind nicht ganz so „scharf“ formuliert, sind aber (nach Aussage des Landratsamtes Rosenheim, Untere Naturschutzbehörde) dennoch mehr als nur reine Gebote. Man habe hier im Einzelfall und anhängig von der Schwere durchaus Möglichkeiten um einzuschreiten und zu sanktionieren, wurde uns seitens der Behörde gesagt. Besonders der Satz 3 stütze sich ja explizit auch auf den „Artenschutz“ und das ließe folglich noch mehr Spielraum in Sachen Einschreiten zu. Die Praxis wird hier also erst zeigen, was erlaubt ist und bleibt und was nicht.
Zu Satz 2: Was genau sind Himmelsstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung?
Das Bayerische Umweltministerium antwortete uns hierauf: „…Die private Haus- und Gartenbeleuchtung oder auch die Beleuchtung im Schwimmbad oder für den Fußballplatz sind in diesem Sinne keine „Himmelsstrahler“. Unter „Himmelsstrahlern“ werden gemeinhin starke Scheinwerfer verstanden, deren Licht gezielt nach oben in den Nachthimmel strahlt und weithin sichtbar ist. Unter „Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung“ sind dementsprechend ebenfalls nur Beleuchtungsanlagen zu verstehen, die mit nach oben gerichtetem Licht und weitläufiger Sichtbarkeit Aufmerksamkeit erregen sollen, Schmuck- oder Werbefunktion erfüllen und in der freien Landschaft störend in Erscheinung treten.“
Fehlende Grenzwerte und klare Formulierungen!
An wann genau ist ein Eingriff in die Insektenfauna denn eine wirklich relevanter Eingriff? Ab wann sind Auswirkungen (als auch Beeinträchtigungen und Schädigungen) auf die Insektenfauna denn tatsächlich relevante Auswirkungen? Das obliegt dann der Entscheidung der Behörde und somit ist jeder Fall für sich genommen immer ein individueller Fall, weil es keine zugrunde liegenden Grenzwerte und/oder klarere Formulierungen gibt.
Update 22.11.2019: Weiter wurde uns mitgeteilt: „Grundsätzlich können Lichtstrahler, die fehlgehen und den Nachthimmel anstrahlen, als Einrichtung mit ähnlicher Wirkung angesehen werden. Die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Himmelsstrahler oder eine ähnliche Einrichtung im Sinne des Art. 11a BayNatSchG vorliegt, obliegt der für den Vollzug zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (bzw. Landratsamt), die nähere Ortskenntnis besitzt“.
Was hier in der Praxis alles wirklich darunter fällt und fallen könnte, bleibt abzuwarten. Sicher hingegen ist laut Ministerium: Beleuchtungsanlagen, die der individuellen oder öffentlichen Sicherheit dienen, sind nicht vom Verbot des Art. 11a Satz 2 erfasst.
C) Überwachung und Regelung bei Verstößen dagegen
Für die Überwachung der Einhaltung bzw. den Vollzug des Artikel 11a sind laut Antwort des Bayerischem Umweltministeriums (gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayNatSchG) die Landratsämter bzw. im Falle kreisfreier Städte die Kreisverwaltungsbehörden als Immissionsschutzbehörden zuständig. Alternativ kann die Mitteilung eines begründeten Hinweises auf einen Verstoß aber auch an die Polizei bzw. die örtlich zuständige Polizeidienststelle erfolgen.
Verstöße gegen Artikel 11a Satz 1, Satz 2 und Satz 3 stellen laut Bayerischem Umweltministerium grundsätzlich keine Ordnungswidrigkeit dar.
3. Kritik an den Lichtverschmutzungs-Gesetzen
A) Nur zwei Verbote, der Rest tendiert eher zu Geboten
Unserer Meinung nach sind die Gesetze zur Lichtverschmutzung in Bayern Luftnummer, um wirklich eine signifikante Reduzierung der Lichtmassen zu erhalten. Denn eigentlich beinhalte sie nur zwei echte Verbote:
- Keine Beleuchtung öffentlicher Gebäude nach 23 Uhr
- Keine Himmelsstrahler und ähnliche Anlagen
Grundsätzlich ist es natürlich sehr gut, dass es Gesetze zur Lichtverschmutzung in Bayern und damit endlich Grundlagen und wenigstens zwei Verbote gibt. Doch warum eine Abschaltung der Fassaden nicht schon um spätestens 22 Uhr? Gerade in den Wintermonaten, wenn es bereits recht früh dunkel wird, ist die Zeit bis 23 Uhr ziemlich lang. Und bezüglich der Himmelsstrahler stellt sich diese Fragen: Welche Art von Strahlern fallen in diese Kategorie? Wer legt das fest? Womit wird das festgelegt? Und wer überwacht das?
Das Fassaden-Beleuchtungsverbot öffentlicher Gebäude ist in jedem Fall ein wichtiges Signal an die Bürger, wie wir finden. Zeigt es doch, dass der Staat mit gutem Beispiel voran geht. Doch hierzu haben wir sehr viele Kritikpunkte:
- Warum leuchten Monate nach Inkrafttreten noch immer so viele öffentliche Gebäude nach 23 Uhr?
- Warum wissen viele Gemeinden offenbar nichts von dem Verbot?
- Warum wird ein Verbot ausgesprochen, ohne dass die Bürger vorher darüber informiert worden sind, was Lichtverschmutzung ist, was sie bewirkt, wie sie jeden betrifft und warum die Maßnahmen mit der 23 Uhr-Abschaltung sinnvoll sind?
- Warum wurde die Zeit bis 23 Uhr nicht berücksichtigt in Form von Geboten? Nämlich wie nacht- und insektenfreundliches Licht aussehen sollte, damit ein Bewusstsein bei den Bürgern für zu viel Kunstlicht in der Nacht geweckt wird
B) Das mit der Werbebeleuchtung ist ein Witz
Einerseits ist es erstaunlich, dass ein Komplett-Verbot für Werbebeleuchtung im Außenbereich erlassen wurde. Denn das würde hunderttausende Gewerbetriebe in Bayern betreffen. Allerdings trifft es in Wirklichkeit kaum einen Betrieb, weil mit „Außenbereich“ im besagten Gesetz lediglich der baurechtliche Außenbereich (nach §35 des BauGB) gemeint ist. Betreffen tut dies in der Praxis nur landwirtschaftliche Flächen und Gebäude sowie denkmalgeschützte Gebäude. Das heißt im Klartext: ein Landwirt darf seit 1.8.19 auf seinem Kartoffelacker oder seinem zugehörigen Gebäude keine Leuchtreklame mehr haben. Der Witz ist, dass auch schon zuvor kaum ein Landwirt eine solche Werbebeleuchtung montiert hatte. Die eigentliche Idee des Gesetzes ist aus unserer Sicht gut nachvollziehbar: Im baurechtlichen Außenbereich leben die meisten Insekten und andere Lebewesen. Also muss vor allem dieser Bereich geschützt werden. Doch wozu genau dort ein komplettes Werbebeleuchtungsverbot, wo bislang eh keine Werbebeleuchtung vorhanden war? Vielmehr müsste man im baurechtlichen Innenbereich die Lichtverschmutzung reduzieren, um dorthin erst gar keine Insekten aus der dunklen Umgebung anzulocken bzw. die dort lebenden Pflanzen und Lebewesen vor dem Zuviel an Licht zu schützen.
Fühlt sich ein Bürger in Bayern von einer nächtlichen Werbebeleuchtung gestört, weiß um das existierende Lichtverschmutzungs-Gesetz bezüglich Werbebeleuchtung und meldet daraufhin den Fall an die Behörde, muss er fast immer damit rechnen, dass nichts geschehen und sich damit auch nichts zum Positiven hin verändern wird. Denn es handelt sich in nahezu jedem solcher Fälle um den baurechtlichen Innenbereich und dort greift das neue Gesetz leider nicht. Hinzu kommt, dass selbständige Werbebeleuchtungsanlagen (z.B. eine LED-Werbetafel) unter Umständen einem Bestandsschutz unterliegen. Das zu entscheiden obliegt aber wiederum dem zuständigen Landratsamt bzw. der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde. Diese Option des Bestandsschutzes erschwert die Beurteilung für den Bürger also noch mehr bzw. reduziert den möglichen Erfolg eventuell.
Sollte es sich dann in einem entsprechenden Fall tatsächlich um eine Werbebeleuchtung im baurechtlichen Außenbereich handeln, so hat die Kommune (oder Behörde/Landratsamt) noch immer die Möglichkeit, eine Ausnahme zu genehmigen. Nämlich, weil ein „erhebliches Bedürfnis“ seitens des Gewerbetreibenden besteht. Somit gibt es ein Schlupfloch, das sicher auch genutzt werden wird. Denn welche Gemeinde würde es sich schon mit dem Gewerbetreibenden verscherzen wollen?!
Wir hoffen aber trotzdem, dass sehr viele Bürger in Bayern vermeintliche Fälle an die Behörden melden. Denn bei ausreichender Anzahl an Meldungen wird am Lichtverschmutzungs-Gesetz bzgl. der Werbebeleuchtung vielleicht doch etwas verbessert werden. Vor allem kann so erreicht werden, dass diese bestehenden Gesetze noch klarer formuliert oder gar ausgeweitet werden.
Wir von paten-der-nacht.de sind nicht gegen ein generelles Komplett-Verbot von Werbebeleuchtung. Wir sind vielmehr dafür, dass es ein Gebot (mit Empfehlungen) erlassen wird, das ganz grundsätzlich zum sorgsameren Umgang mit der Intensität und Abstrahlungsrichtung von Werbebeleuchtung bis 22 Uhr aufruft und ein generelles Verbot dann erst ab 22 Uhr greift. Denn aus unserer Sicht gibt es keinen vernünftigen Grund, dass Werbung nach 22 Uhr (schon gar nicht die ganze Nacht hindurch) an Gebäuden und in Schaufenstern leuchtet. Damit wäre im hohen Maße eine Reduzierung der Lichtverschmutzung in Bayern erreicht.
C) Ungerechtigkeiten bzgl. der Werbebeleuchtung
Fraglich ist, warum ab sofort jeder sich im baurechtlichen Außenbereich befindliche Gewerbebetrieb, der Werbebeleuchtung am Gebäude hat, seit 1.8.19 gar keine solche Beleuchtung mehr haben darf. Alle anderen Gewerbebetriebe, die sich hingegen im baurechtlichen Innenbereich befinden (das sind sicherlich weit mehr als 95%) dürfen ohne irgendwelche Einschränkungen (außer allenfalls ein paar wenige Gebote) munter weiterbeleuchten und so die Nächte erhellen. Wir finden das im hohen Maße ungerecht. Wenn es schon Lichtverschmutzungs-Gesetze gibt, dann sollten die für alle Gewerbebetriebe in Bayern gelten und nicht für ein paar wenige. Bleibt abzuwarten, ob manch Firmenchef nicht dagegen klagen wird.
D) Warum müssen die Bürger aktiv werden?
Verbessern bezüglich der Lichtverschmutzung in Bayern wird sich nur dann etwas, wenn die Bürger aktiv werden und Gesetzesbrüche an die Behörden melden. Warum aber müssen die Bürger aktiv werden? Warum nicht der Staat? Traut man sich nicht heran an die Beleuchtung von Schaufenstern und Firmengebäuden bzw. die Inhaber? Wir verstehen das nicht. Denn ausgerechnet diese Beleuchtung erfüllt unseres Erachtens nach 22 Uhr keinen nachvollziehbar sinnvollen Zweck (im Vergleich zum Beispiel zur Straßenbeleuchtung). Kein Schaufenster und kein Werbeschild muss die ganze Nacht hindurch leuchten. Es gibt keinen sinnvollen Grund dafür. Hier wird so viel Energie sinnlos verschwendet, so viel CO2 unnötig freigesetzt. Und das vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadebatte in Deutschland.
Da der Rest der Gesetze zur Lichtverschmutzung in Bayern jeweils kein klares Verbot ist, bleibt abzuwarten, was sich durch Verstoß-Meldungen durch Bürger an die Behörden alles ergibt und was erreicht werden kann. Wir von paten-der-nacht.de rufen deshalb ganz klar dazu auf, sich in wirklich gravierenden Fällen an die Behörden zu wenden. Derjenige, der an die Behörde meldet, bleibt in jedem Fall anonym (so teilte es uns das Landratsamt mit). Nur wenn gemeldet wird, kommt Bewegung in die ganze Sache und es ändert sich etwas.
Schade ist ganz allgemein, dass zu wenig klare Formulierungen in diesen Gesetzen stecken, die es dem Laien ermöglichen, besser abzuschätzen, was bei einer Verstoßmeldung überhaupt zum Erfolg führen könnte. Aber vielleicht wird das ja mit der Zeit. Ein Anfang ist in Bayern in puncto Reduzierung der Lichtverschmutzung allemal gelegt. Wir hoffen auf noch viel mehr …
4. Fazit und Tipp
a) Himmelsstrahler:
Wenn Sie sehr helle Bodenstrahler sehen, bei denen viel bzw. das meiste Licht über längere Zeit in Richtung Abend- oder Nachthimmel strahlt, sollten Sie diese Fälle melden. Und zwar an die Landratsämter bzw. im Falle kreisfreier Städte an die Kreisverwaltungsbehörden als Immissionsschutzbehörden. Was genau ein Himmelstrahler ist, ist bislang nicht klar definiert. Es kann unseres Erachtens z.B. auch ein sehr heller Bodenstrahler sein, der in Richtung Himmel einen Baum anstrahlt. Hat der Baum nur wenige Blätter (oder im Winter gar keine), kann man sicherlich sagen, dass das meiste Licht am eigentlichen Zweck vorbei direkt in den Himmel abstrahlt. Ebenso verhält es sich mit Fahnen, die mit in Richtung Himmel leuchtenden Bodenstrahlern angescheint werden. Hier geht das meiste Licht dauerhaft am Zweck vorbei. Evtl. können es aber auch durchaus Fassadenstrahler sein, bei denen viel Licht am Hausdach vorbei in Richtung Himmel gelangt. Nur wenn viele solche Fälle an die Behörden gemeldet werden, ändert sich etwas. Gerade weil aus unserer Sicht eine Beleuchtung von Naturflächen und Pflanzen eigentlich ganz untersagt werden sollte. Es ist einfach sehr schlecht für die Umwelt (abgesehen vom Energieverbrauch). Beziehen Sie sich bei einer Meldung auf den Artikel 11a des Bayerischen Naturschutzgesetzes, der Himmelsstrahler (und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung) seit 1.8.19 in Bayern verbietet. Zuvor empfehlen wir aber immer erst ein Gespräch mit dem Betreiber zu führen. Vielleicht ist ihm das Gesetz nicht bekannt oder er hat sich einfach keine Gedanken gemacht.
b) Angestrahlte öffentliche Gebäude (Kirchen, Rathäuser, Ämter, Schulen, Schlösser, …)
Hier empfehlen wir, immer erst die Gemeinde zu informieren, dass der Artikel 9 des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes seit 1.1.20 ab spätestens 23 Uhr eine verpflichtende Abschaltung solcher Fassadenbeleuchtungen vorsieht und bei Nichtbefolgen bis zu 50.000 Euro Strafe verhängt werden können. Sollte dies nicht fruchten, so empfehlen wir, den Fall an die das zuständige Landratsamt bzw. im Falle kreisfreier Städte an die Kreisverwaltungsbehörde als Immissionsschutzbehörde zu melden. Hinweis: Vor der Aktualisierung des BayImSchG (zum 10.12.2019) war es der Artikel 15, der seit 1.8.2019 galt. Seit 1.1.2020 heißt dieser Artikel nun Artikel 9.
c) Werbebeleuchtung oder sonstige Lichtanlagen im Außenbereich
Auch hier gilt: erstmal versuchen mit dem Betreiber zu sprechen. Vielleicht ist über diesen Weg schon so viel erreichbar, dass es keine weiteren Schritte mehr braucht. Wichtig ist, sich bei der zuständigen Gemeinde/Stadt schriftlich zu erkundigen, ob das betreffende Objekt überhaupt im baurechtlichen Außenbereich (nach §35 des Baugesetzbuches) liegt. Zudem sollte man an gleicher Stelle auch gleich abklären, ob für die Lichtanlage und ihre Dimensionierungen überhaupt eine Baugenehmigung vorliegt. Sollte es sich um den baurechtlichen Außenbereich handeln (und/oder keine Baugenehmigung vorliegen) und Gespräche zu nichts geführt haben, so bleibt die Möglichkeit, diesen Fall an das zuständige Landratsamt bzw. im Falle kreisfreier Städte an die Kreisverwaltungsbehörde als Immissionsschutzbehörde zu melden. Im Falle einer Werbebeleuchtung kann eventuell eine Minderung oder gar Komplettabschaltung erwirkt werden. Im Falle irgendeines sonstigen Lichtes wird es u.U. schwierig, weil (wie oben beschrieben) keine klaren Definitionen und Grenzwerte im Gesetz stehen, wann ein Eingriff in/eine Auswirkung auf die Insektenfauna überhaupt vorliegt. Etwas höher liegen ggf. die Chancen, wenn es sich um eine Anlage in unmittelbarer Nähe zu geschützten Landschaftsbestandteilen und Biotopen handelt. Ob es eine solches Schutzgebiet ist, kann vorher bei der zuständigen Gemeinde erfragt werden.
Autor: Dipl. Ing. (FH) Manuel Philipp (Teammitglied paten-der-nacht.de)